Zur Unmöglichkeit einfacher Politlieder in der aktuellen Neue Musik


„Politisch Lied“ – Zur Unmöglichkeit einfacher Politlieder in der aktuellen Neue Musik – meine Uraufführung auf dem ADEvantgarde-Festival 2011 in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste

Politik & Neue Musik: dies ist hierzulande mit Nono, Nicolaus A. & Klaus Huber, u.v.m belegt. Grosse, lange, schwere Musik. Politisches Lied & Neue Musik zu einem konkreten, aktuellen Thema? Fehlanzeige! Langwierige, ausgetüftelte Kompositionsprozesse sind kaum in Relation zu den ständig schnell wechselnden Aktualitäten des Politinfotainments zu setzen. Natürlich gibt es Dauerbrenner wie Armut, Ökologie & Ämtermissbrauch; dafür taugt natürlich der langwierige Weg durch die Wohnung der ungeheuerlichen Neuen Musik nicht. Ungehörig für mich sind allerdings auch die Wiederaufgüsse, wenn Neue Musik „Politisches Lied“ zitiert: Brecht, Weill & Co. samt den Grössen der Nachkriegszeit sind der Maßstab, aber kaum in deren Direktheit umsetzbar. Neue Musik macht sich unweigerlich über das Benutzte leicht verschnupft lustig. So bleibt mir das jetzige Politgeschehen mit all seinen unerträglichen Schlagworten durch den Kakao zu ziehen, was mir Andreas Schimkus hierfür wunderlich zusammenreimte. Und natürlich Neue Musik mit populären Einsprengseln: Banjo, Akkordeon & Drumset sind bereits die sichtbaren Anspielungen an das Genre, manche Floskel der Musik ebenfalls. Grundlage der Musik an sich sind Geräusche, Schnittmomente mit Musik-Trojanern, eine stellenweise ausgefeilte mikrotonale Obertonharmonik. Die führt direkt zum Hölderlin-Brief-Zitat: bei all dem Gequirle der Politik damals wie heute zieht sich der deutsche Michel oder Alexander eben in eine gewisse Privatheit zurück, um jederzeit aber wieder aus ihr hervorzuhechten. Statt Fukushima, Plagiatsdoktoren, Münchner Generalmusikdirektoren, Miethaien und Zweite Stammstrecke hier der bundesrepublikanische Rundumschlag.

Alexander Strauch